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Kita-Novelle: Ausfallbürge Kommune?

Nach der Anhörung zum Gesetzesentwurf zum KiTa-Zukunftsgesetz Ende Juni geht die Kita-Novelle nunmehr in die nächste Runde. Trotz Verbesserungen gegenüber den ersten Entwürfen vermittelt der Gesetzesentwurf in der Gesamtbetrachtung den Eindruck, dass die entstehenden Kosten, Kostenrisiken und unangenehmen Entscheidungen zulasten der kommunalen Träger gehen.

Das Land wird auch künftig im bisherigen Umfang seine Anteile an den Personalkosten aus dem kommunalen Finanzausgleich nehmen und somit im Ergebnis weiterhin die Ausgleichsmittel für die Kommunen kürzen. Dabei werden die freien Träger, wie z. B. die kirchlichen Träger, zweifach privilegiert. Diese erhalten einen um 2,5 % höheren Zuschuss zu den Personalkosten, die aus dem kommunalen Finanzausgleich finanziert werden. Darüber hinaus erhalten diese einen Zuschuss in Höhe von 4.500 EUR pro Tageseinrichtung und Jahr für die Qualitätsentwicklung, die Kommunen jedoch nicht.

Nach den Aussagen der Landesregierung sollen zusätzliche rund 81 Mio. EUR zur Verfügung gestellt werden, mit denen bis zu 3.000 neue Stellen für Erzieherinnen und Erzieher geschaffen werden können. Nach langem politischen Druck sollen die genannten 81 Mio. EUR aus dem unmittelbaren Landeshaushalt und nicht aus dem kommunalen Finanzausgleich finanziert werden. Die anfallenden Personalkosten für die genannten 3.000 neue Stellen werden aber insgesamt bei rund 162 Mio. EUR liegen. Hier werden die kommunalen Haushalte mit 81 Mio. EUR zusätzlich belastet werden.

Das Land wirbt gegenüber den Eltern mit einem Rechtsanspruch von sieben Stunden Betreuung am Stück inklusive eines Mittagessens. Im Gesetzentwurf entpuppt sich das Mittagessen jedoch als eine „Soll-Vorschrift“, um der Konnexität zu entgehen, wie eine Abgeordnete aus der Regierungskoalition im Rahmen der Anhörung zu verstehen gab. Aus hiesiger Sicht ist ein Umgehen der Konnexität in Form einer Soll-Vorschrift nicht möglich, da in der Regel beim Vorliegen der Voraussetzungen eine bestimmte Rechtsfolge eintreten muss. Dennoch auch hier werden sich die berechtigten Erwartungen der Eltern nach einem guten Mittagsessen dann gegen die Kommunen richten. Der durch die Arbeitsverdichtung um die Mittagszeit erforderliche höhere Personalaufwand ist in den Personalschlüsseln nicht berücksichtigt, wie sich erst am Tage vor der Anhörung bei einer Unterrichtung der Jugendämter durch das Ministerium herausstellte.

Das Land will mit einem Sachkostenprogramm von lediglich 13,6 Mio. EUR zur Ausstattung von Küchen und subsidiär auch zur Ausstattung von Ess- und Schlafräumen den Trägern helfen. Heruntergebrochen auf die Anzahl der Kindertagesstätten sind das 6.750 EUR pro Einrichtung, um Ausstattungen (Spülmaschinen, Kühlschränke usw.) sowie Mobiliar, Besteck und Geschirr zu beschaffen und die Räumlichkeiten herzustellen.

Die notwendigen Baumaßnahmen erfahren durch das Land keine Unterstützung. Das Konnexitätsprinzip sieht an dieser Stelle jedoch einen Vollkostenersatz vor.

Auch für die Wirtschaft, die überall den Fachkräftemangel beklagt, ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ein entscheidender Standortfaktor. Dies wird in vielen politischen Reden immer wieder herausgestellt und betont. Wenn wir uns in diesem Ziel einig sind, muss ein Weg gefunden werden, das Projekt dauerhaft solide zu finanzieren und nicht durch Lastenverschiebungen zu organisieren.

Neben der großen Sorge, ob und wie ein Großteil finanziell und mit leeren Kassen von den Kommunen gestemmt werden muss, bleibt am Ende des Tages die große Frage: Wo soll das bereits heute fehlende Personal bei steigendem Bedarf herkommen? Die Essens-, Ruhe- und Schlafenszeit ist bereits heute die personalintensivste Zeit am Tag und wird sich künftig durch den Anspruch auf siebenstündige Betreuung mit Mittagessen weiter intensivieren.

Noch vor wenigen Jahren, als es um den Rechtsanspruch ab dem zweiten Lebensjahr ging, wurde das Bedürfnis nach Ruhe für die Kinder unterstrichen. Es gab Zuschüsse für den seinerzeitigen bedarfsgerechten Bau von Schlaf- und Ruheräumen. Ohne diese Baumaßnahmen gab es keine Betriebserlaubnis. Nach dem KiTa-Zukunftsgesetz scheinen die Kinder das nunmehr nicht zu benötigen. Jeder Arbeitnehmer muss nach sechs Stunden Arbeit Pause machen, dies gilt auch für die Erzieherinnen und Erzieher. Kita-Kinder können das ebenfalls nur, wenn es auch entsprechende Räume gibt. Ob es funktioniert, einen Gruppenraum mal eben in einen Essensraum umzurichten, dann schnell lüften, Tische raus und Betten rein und nebenbei mal ein Kind wickeln oder ein Buch vorlesen, scheint fraglich. Wir dürfen nicht Gefahr laufen, dass durch den gut gemeinten und gesellschaftlich sicherlich auch gewollten sowie erforderlichen Anspruch auf siebenstündige Betreuung am Stück, mit Mittagessen am Ende die Qualität sinkt, weil Geld und Personal fehlt.

Die pädagogischen Ansprüche an die Kitas sind in den letzten Jahren rasant gestiegen. Eltern soll die Möglichkeit gegeben werden, sich mit dem Personal zu unterhalten und Termine abzusprechen. Es gibt eine Pflicht, dass Entwicklungsgespräche vorgesehen werden, jedoch keine Pflicht der Eltern zur Teilnahme an einem solchen Gespräch. So die klare Aussage in einer aktuellen Entscheidung des Verwaltungsgerichts Neustadt. Eltern können also wie in diesem Fall Entwicklungsgespräche mit den Erzieherinnen und Erziehern genauso ablehnen wie kurze Gespräche über das Kind. Die Kita kann ja Briefe oder Mails schreiben und informieren. Elternpflichten sind ein essentieller Beitrag zur erfolgreichen Erziehungsarbeit. Auch wenn die Mehrheit von Politik und Gesellschaft sich einig ist, dass Kindertagesstätten keine bloßen Verwahranstalten sind, finden wir sowohl im Kindertagesstättengesetz, wie auch in dem geplanten KiTa-Zukunftsgesetz weitreichende Beteiligungsrechte der Eltern. Elternpflichten suchen wir allerdings vergebens. Mit einem weiteren Beirat (rund 900.000 Euro pro Beteiligungsrunde – mindestens einmal jährlich tagend) soll nun eine weitere Beteiligungsmöglichkeit geschaffen werden. Anstatt pädagogisches Personal zu binden, das dann für die Erziehungsaufgaben fehlt, sollte die Kita-Novelle genutzt werden, die Zusammenarbeit zwischen den Erzieherinnen und Erziehern und den Eltern zum Wohle des Kindes verbindlicher zu gestalten. Bessere Betreuung entsteht nicht durch noch mehr Bürokratie und weitere Beiräte.


GStB-Kommentar aus Gemeinde und Stadt 07/2019

Dr. Karl-Heinz Frieden
Geschäftsführendes Vorstandsmitglied des
Gemeinde- und Städtebundes

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